Eine neue Gesellschaft – eine neue Weltordnung
Freiheit im Geistesleben bedeutet Selbstbestimmung eines jeden Individuums.
Eine neue Gesellschaft – eine neue Weltordnung
Freiheit im Geistesleben bedeutet Selbstbestimmung eines jeden Individuums.
Freiheit im
Schulwesen
Staatliche schulische Bildung ist ständig im Wandel begriffen, aber in jeder bisherigen Form kaum menschengemäß. Die Didaktik wie auch die Methodik richten sich seit vielen Jahren nach dem Trend der aktuellen Bildungspolitik, die weitestgehend von der Wirtschaft und ihren Bedürfnissen an Arbeitskräften bestimmt wird. Bildungspolitiker sowie die entsprechenden Kultusministerien regeln dann das Wie, das Was und das Wo im Bildungsbereich: Schulpflicht, Lehrpläne, Zeittakt, Benotung, Zuteilung nach Leistung usw. Darunter leiden nicht nur unsere Kinder und Jugendlichen sondern auch die pädagogisch Tätigen und letztlich die Gesellschaft als Ganzes.
Was liegt diesen Verhältnissen für ein Menschenbild, was für ein Bildungsbegriff zugrunde?
Wie sehen Lösungen aus?
Und was ist zu tun, um diese ungesunde und unmenschliche Situation zu überwinden?
Freiheit im
Schulwesen
Staatliche schulische Bildung ist ständig im Wandel begriffen, aber in jeder bisherigen Form kaum menschengemäß. Die Didaktik wie auch die Methodik richten sich seit vielen Jahren nach dem Trend der aktuellen Bildungspolitik, die weitestgehend von der Wirtschaft und ihren Bedürfnissen an Arbeitskräften bestimmt wird. Bildungspolitiker sowie die entsprechenden Kultusministerien regeln dann das Wie, das Was und das Wo im Bildungsbereich: Schulpflicht, Lehrpläne, Zeittakt, Benotung, Zuteilung nach Leistung usw. Darunter leiden nicht nur unsere Kinder und Jugendlichen sondern auch die pädagogisch Tätigen und letztlich die Gesellschaft als Ganzes.
Was liegt diesen Verhältnissen für ein Menschenbild, was für ein Bildungsbegriff zugrunde?
Wie sehen Lösungen aus?
Und was ist zu tun, um diese ungesunde und unmenschliche Situation zu überwinden?

Das Problem

  • Wirtschaftliche Interessen bestimmen Bildung. Schulische Bildung, insbesondere an staatlichen Bildungsstätten, orientiert sich im Wesentlichen an einem nutzenorientierten Leitbild des Menschen. Der junge Mensch wird über die staatlichen Bildungseinrichtungen zu einem den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechenden Arbeiter herangezogen, der möglichst reibungslos in die Prozesse der Wirtschaft eingegliedert werden und funktionieren soll. Was zu können und was zu wissen ist, bestimmen weitestgehend die Anforderungen der Wirtschaft. Ihr gegenüber hat der Mensch auch seine Eignung mittels Noten und Abschlüsse nachzuweisen. Fazit: Der Mensch wird als Maschine gesehen und auch so behandelt.
  • Die so zweckentfremdete Bildung ist stark an einem mechanistischen Input-Output-Modell orientiert. Dieses fußt zu großen Teilen auf behavioristischen und kognitionspsychologischen Vorstellungen des Lernens und Lehrens. Zeugnis davon ist beispielsweise das ausgeprägte und den ganzen Schulbetrieb bestimmende Prüfungswesen: Was in den Schüler hineingegeben wird, kommt wieder heraus und kann entsprechend gemessen werden und dient gar zu dessen Maßregelung (Stichwort Verhaltensnote). Bildungswissenschaften wie die Schulpädagogik sind teils reine Empirik und meist aus unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen wie der Psychologie oder der Soziologie ‚zusammengeschustert‘. Die tatsächliche Grundlage für Pädagogik ist unklar. Fazit: Der Bildung liegt im wesentlichen ein materialistisches Weltbild zugrunde und sie stützt sich auf ein schwammiges Fundament.
  • Rechtlich-politische Zielsetzungen regeln die Bildung.
    • Systembedingt beeinflussen politische Ideologien die Bildung, was sich allein durch die Institution der Kultusministerien ergibt. Die Kultusminister sind Teil des Kabinetts des Ministerpräsidenten eines Landes und daher an die politische Orientierung desselben gebunden.
    • Ferner ist gesetzlich eine Schulpflicht über neun/zehn Schulbesuchsjahre geregelt, die nicht nur eine Bildungspflicht, sondern auch eine Anwesenheitspflicht in einer Bildungseinrichtung bedeutet. Bei Verstößen haben Eltern mit rechtlichen Konsequenzen bis hin zum teilweisen Entzug des Sorgerechts zu rechnen. Die Schulpflicht wird notfalls mit staatlicher Gewalt (z.B. Polizei) durchgesetzt.
    • Bildung (während der Schulpflicht) findet in von der Verwaltung festgelegten Bildungsstätten statt, die von dieser genehmigt, also akzeptiert werden müssen
    • In der Staatsschule arbeiten hauptsächlich weisungsgebundene Beamte als Lehrer, deren verwalterisches, pädagogisches, didaktisches und methodisches Agieren den politisch bzw. von der Verwaltung gesetzten Vorgaben unterliegt, beispielsweise Lehrpläne, rechtlich einwandfreie Leistungserhebungen, Maßregelungen usw. Der Lehrer ist damit unfrei in seinem pädagogischen Handeln.
    • Lehrer müssen vom Staat genehmigt sein. Viele Lehrerkarrieren sehen so aus: Schüler an der Schule, Student an der Universität, Lehrer an der Schule. Es fehlt oft an praktischer Lebenserfahrung. Das Lehramtsstudium ist an vielen Stellen eine Anhäufung toter Begriffe, abstrakter Theorien, zu denen kein lebendiger Zugang besteht. Fazit: Bildung ist hierarchisch, von oben herab gesteuert und dabei politisch motiviert. Rechtliche Rahmenbedingungen sowie die Lehrerbildung setzen der Pädagogik des Lehrers enge Grenzen.
  • Das System Schule „formt“ die Heranwachsenden auch abseits des Lehrstoffes. Sie lernen beispielsweise emotionale Abhängigkeit (Belohnung, Bestrafung), Verwirrung (Lernstoff ist zergliedert, die Zusammenhänge fehlen) usw. (vgl. dazu Gatto, 2009)

Die Lösung

  • Staat und Wirtschaft halten sich aus der Bildung heraus und passen sich an den heranwachsenden Menschen an. „[Sie] sollen die von dem selbständigen Geistesleben herangebildeten Menschen empfangen; nicht aber sollen sie, nach ihren Bedürfnissen, deren Bildungsgang vorschreiben können“ (Steiner, 1919, S. 38 (GA 24)).
  • Bildung ist, was bildet! Bildung findet überall statt, auch außerhalb von Institutionen wie der Schule. Das Leben bildet. Bildung ist nichts ‚Abgehobenes oder Separates von der Lebenswirklichkeit‘, sondern Teil derselben. Bildung ist analog! Es herrscht ein menschenorientiertes Leitbild im Bildungswesen wie in der Gesellschaft.

    „Was ein Mensch in einem bestimmten Lebensalter wissen und können soll, das muss sich aus der Menschennatur heraus ergeben“ (vgl. Steiner, 1919 (GA 24)).

    „Was gelehrt und erzogen werden soll, das soll nur aus der Erkenntnis des werdenden Menschen und seiner individuellen Anlagen entnommen sein. Wahrhaftige Anthropologie [d.h. u.a. Anerkennung des Menschen als ein sich entwickelndes geistig Wesen im Kontext der Reinkarnation und der Weltenentwicklung] soll die Grundlage der Erziehung und des Unterrichtes sein“ (Steiner, 1919, S. 37 (GA 24)). Bildung fußt auf einer festen Grundlage, nämlich der Kenntnis der Menschennatur.

  • Bildung ist frei! Eltern entscheiden – aus der Kenntnis der Menschennatur heraus – frei, ob und an welche Bildungseinrichtung sie ihre Kinder schicken. Bildung im Sinne grundlegender Kulturfähigkeiten kann auch zu Hause stattfinden. Kinder wachsen in überschaubaren Gemeinschaften auf, die selbst schon viel Stoff zur Entwicklung der Kinder bieten.
  • Schulen sind selbstverwaltet! Sie unterliegen keinerlei Maßgaben ‚von oben‘, alles pädagogische wie auch verwalterische Tun ist orientiert an dem sich entwickelnden Menschen und eingebettet an die Bedingungen vor Ort. Institutionalisierte Bildung findet nur in freien Bildungseinrichtungen statt, die sich aus den Gemeinschaften der Menschen vor Ort ergeben.
  • Ausbildungsbescheinigungen machen keine Pädagogen! (vgl. Steiner, 1999, S. 93 (GA 337a)) Der Lehrer ist Praktiker – ist damit sowohl mit der Praxis als auch mit der Theorie seines Fachgebietes vertraut, aber auch mit der Lebenspraxis (vgl. Steiner, 1999, S. 52 (GA 337a)).

Handlungsempfehlungen

  • Ein Paradigmenwechsel in der Haltung und im Denken der im Bildungswesen tätigen Menschen muss angestoßen werden! Das materialistische Weltbild der Bildung muss um die spirituelle Dimension des Menschen ergänzt werden. Das Bildungswesen rückt den Menschen als Ausgangspunkt aller Pädagogik in den Mittelpunkt und orientiert sich an der Frage: „Was ist im Menschen veranlagt und was kann in ihm entwickelt werden?“ (Steiner, 1919, S. 37) Der Mensch wird als ein sich entwickelndes geistiges Wesen gesehen.
  • Das Beenden staatlicher Steuerung von Bildung sowie die Auflösung entsprechender staatlicher Einrichtungen zur Steuerung! o Auflösung der Kultusministerien sowie übergeordneter Bildungsinstitutionen. Es wird die Bildung eines Kulturrates angestrebt und umgesetzt (vgl. bspw. Steiner, 1999, S. 94 (GA 337a)). Dieser kann nur aus den im Bildungswesen Tätigen gebildet werden!
  • Sofortige Abschaffung der Schulpflicht! In einem ersten Schritt auf dem Weg zu einem Freien Geistesleben könnte über eine Bildungspflicht nachgedacht werden.
  • Begrenzung der Digitalisierungsbestrebungen auf Bereiche, in denen Digitales wirklich hilfreich und einen Vorteil bieten mag. Dies ist aber strikt an den Bedürfnissen des heranwachsenden Menschen zu überprüfen!
  • Dezentralisierung von Bildung!
  • Neufassung der Lehrerbildung / Ausbildung von Pädagogen allgemein o Alle Bildungsstätten für Lehrer/Pädagogen werden aus den Abhängigkeiten der staatlichen Verwaltung gelöst!
  • Das Studium der Menschennatur wird Grundlage jeglicher pädagogischen Ausbildung!
  • Ebenso erhalten die Erkenntniswissenschaft sowie überhaupt die Schulung des Denkens einen festen Platz in pädagogischen Ausbildungen!
  • Grundsätzlich wird alles, was bisher der Bildung zuzuordnen ist, auf „Menschengemäßheit“ überprüft. Das reicht bis hin zu einer am Menschen orientierten Architektur von Bildungsstätten.

Bibliographie

Gatto, J. T. (2009). Verdummt noch mal! Dumbing us down: Der unsichtbare Lehrplan oder Was Kinder in der Schule wirklich lernen (D. Neubronner, Übers.; 1. Neuausg.). Genius Verlag.

Steiner, R. (1919). Freie Schule und Dreigliederung. Die Dreigliederung des Sozialen Organismus (GA 24), 1, 35–44.

Steiner, R. (1999). Soziale Ideen, soziale Wirklichkeit, soziale Praxis. Rudolf Steiner Verlag.

Freiheit in der
Wissenschaft
Was ist Wissenschaft? Wie erhalte ich wahre Erkenntnis?

Ein stark zusammengefasster Versuch zur Erklärung:
Wissenschaft beginnt mit der unvoreingenommenen, vorurteilsfreien Beobachtung eines soweit unbekannten Phänomens. Entsprechend der Beobachtung wird eine Hypothese formuliert. Durch Beweisführung in Versuchen und gleichzeitiger Widerlegung in Kontrollversuchen (Verifikation und Falsifikation) wird die Hypothese kritisch überprüft. Daraus entstehen neue Erkenntnisse. Damit wird Wissen geschaffen = Wissenschaft. Prof. Dr. E. Müller – Universität Bern.

Goethe wehrte sich vehement gegen eine Zersplitterung der Wissenschaft in unzählige Einzelphänomene. Er schätzt die Universalisten, »die das Allgemeine im Auge haben und gern das Besondere an- und einfügen möchten«. Prof. Dr. Ulrike Landfester – Universität St.Gallen

Freiheit in der
Wissenschaft
Was ist Wissenschaft? Wie erhalte ich wahre Erkenntnis?

Ein stark zusammengefasster Versuch zur Erklärung:
Wissenschaft beginnt mit der unvoreingenommenen, vorurteilsfreien Beobachtung eines soweit unbekannten Phänomens. Entsprechend der Beobachtung wird eine Hypothese formuliert. Durch Beweisführung in Versuchen und gleichzeitiger Widerlegung in Kontrollversuchen (Verifikation und Falsifikation) wird die Hypothese kritisch überprüft. Daraus entstehen neue Erkenntnisse. Damit wird Wissen geschaffen = Wissenschaft. Prof. Dr. E. Müller – Universität Bern.

Goethe wehrte sich vehement gegen eine Zersplitterung der Wissenschaft in unzählige Einzelphänomene. Er schätzt die Universalisten, »die das Allgemeine im Auge haben und gern das Besondere an- und einfügen möchten«. Prof. Dr. Ulrike Landfester – Universität St.Gallen

Das Problem

Am 26. Mai 1789 hielt Prof. Dr. Friedrich Schiller seine Antrittsrede an der Universität Jena

Schiller unterscheidet in seiner Rede zwischen „Brotgelehrten“ und „philosophischen Köpfen“ und fordert seine Studenten auf, auf keinen Fall Brotgelehrte zu werden. Der Brotgelehrte bei Schiller erfüllt nur die Bedingungen, unter denen er zu seinem Amt fähig ist und wendet seinen ganzen Fleiß dazu auf, den Forderungen seines Herrn zu entsprechen.

Wissenschaft braucht Unabhängigkeit

Müssen Wissenschaftler, die heutzutage für die Industrie arbeiten, nicht oft ähnlich denken? Erforscht wird schließlich nur was Profit erwarten lässt. Wer die Wissenschaft fördert bestimmt nicht nur das Thema, sondern lässt auch gerne durchblicken welches Ergebnis erwartet wird.

Hochschulbildung als Grundlage der Wissenschaft

Die «Verschulung» der Hochschulbildung wird zunehmend durchstrukturiert mit Bachelor/Master Systemen, dem Bolognaprozess usw. Dieses enge Korsett ist keine Universalbildung mehr. Das freie Denken wird durch eine Überlast an Stoff und Prüfungen ersetzt. Schwerpunktsetzung ausgerichtet auf eigene Interessen und Wahlmöglichkeiten finden immer weniger Platz in den Strukturen. Können so frei denkende Forscher gebildet werden?

Wissenschaftler die so geformt wurden, wirken dementsprechend in der Wissenschaft. Daraus entwickeln sich später Experten und Professoren, die auf diese Art und Weise Studenten ausbilden.

Unsere Ziele

Der philosophische Geist hingegen strebt, gemäss Schiller, die Vollendung seines Wissens zu einem harmonischen Ganzen an. Er nimmt jede neue Erkenntnis in sein System auf und hinterfragt ständig. Bei Zweifeln am System wird es über den Haufen geworfen und neu erschaffen.

Zu Schillers Zeiten wurden Menschen zu Brotgelehrten, weil der absolutistische Staat keine selbstständig denkenden Menschen wollte. Die meisten Studenten wollten Beamte werden und dazu sind eigene Meinungen nur hinderlich. Schiller macht klar, dass er keine zukünftigen Brotgelehrten unterrichten wird; er verlangt von seinen Studenten die Wissenschaft der Wissenschaft wegen zu betreiben, nicht um Anerkennung, Ruhm oder eine sichere Beamtenstelle zu erhalten. An dieser Situation hat sich in den vergangenen 230 Jahren nicht viel verändert. Es ist höchste Zeit dafür.

Handlungsempfehlungen

Die Wissenschaft muss wieder unabhängig werden. Ungesunde Einflüsse von Politik und Wirtschaft haben zu entfallen. Die Finanzierung der allgemeinen Wissenschaft muss autonom gestaltet werden. Bei der Auftragswissenschaft muss sichergestellt sein, dass nur der Auftrag erteilt werden kann, nicht aber das Ergebnis bestimmt werden darf.

Der Wissenschafts-Prozess und die Wissenschafts-Ergebnisse müssen transparent offengelegt und von unabhängiger Seite kontrolliert werden können.

Hochschulen und Universitäten pflegen als Einstieg für alle Studenten die Prozesse der Erkenntnis und des freien Denkens. An den Stellenwert des permanenten Prüfungsdruckes setzen wir die Entwicklung des Menschen, seine Interessen und ein Universalwissen wie es schon Goethe und Schiller gefordert haben. Dann erst vertiefen wir Spezialgebiete.

So kann die Bildung frei denkende Forscher hervorbringen die in der Wissenschaft wahres Wissen erschaffen und dieses wieder an die Bildung weitergeben können.

Freiheit in der Kunst
Ein Interview mit einem Opernsänger und Musiklehrer an einer Waldorfschule
Freiheit in der Kunst
Ein Interview mit einem Opernsänger und Musiklehrer an einer Waldorfschule

Für Rudolf Steiner steht die Kunst gleich neben der Religion und ist wie letztere ein Quell für das Menschsein. Wie siehst du den Zusammenhang zwischen Kunst und Religion?

Zunächst muss ich sagen, dass ich jetzt alles vor allem nur aus der Sicht der Musik erläutern kann. Religion und Kunst… da sind die Übergänge fließend. In der Musik bewegt man sich in einem Raum, der nicht sichtbar, nicht greifbar, nicht materiell ist. Musik ist immer in Bewegung. Ich finde, die Musik ermöglicht immer einen Zugang zum Seelischen. Ich als Künstler bewege meine Seele und bringe dann hoffentlich die Seele des anderen zum Schwingen.

Kannst du noch etwas näher ausführen, was Religion und Kunst miteinander zu tun haben?

Singen hebt die Seele empor. Man fängt an, Dinge zu bewegen, die man sonst schwer in Bewegung bringt. Wahrscheinlich schafft das für den Menschen einen Zustand, in dem er Geistiges besser aufnehmen kann. Wenn man in der Gemeinde singt, öffnet man sich – Musik ist Schwingung – für die höheren Ebenen. Man kommt in Resonanz. Der Mensch ist das ‚Medium‘, das die Musik in die Welt bringt. Die ‚Idee‘ der Musik verwirklicht sich durch den Menschen und seinen seelisch-geistigen Zustand.

Du bist ja in der DDR geboren und bist dort aufgewachsen. Wie sind deine Erfahrungen mit diktatorischen Strukturen, wie werden Kunst und Musik da eingesetzt? Welche Rolle spielen sie?

Die Pioniere, FDJ, die Partei usw. hatten alle ihre Lieder. Die Musik hatte dort etwas Gemeinschaftbildendes – das ist jetzt ganz wertfrei zu betrachten. Musik fördert die Gemeinschaft und die Geselligkeit.

Wurde die Musik dort gezielt eingesetzt, um Menschen auf Parteilinie zu bringen?

Das hat man versucht, aber Musik lässt das letztendlich nicht zu. Es macht Spaß zu singen, aber sie macht keinen Kommunisten aus mir. Ihre Texte mögen ein Heimatgefühl, ein Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugen, ja. Aber eine Instrumentalisierung im Sinne einer politischen Beeinflussung ist nicht gelungen.

Wie würdest du das Verhältnis zwischen Musik und Freiheit beschreiben? Wie ist das in eher einschränkenden Gesellschaftssystemen, wie in freieren?

„Es ist interessant, dass in stark einschränkenden Systemen die Kunst oft einen höheren Wert und dadurch auch eine größere Kraft hatte. Sie wurde oft auch gefördert. Sie diente nach außen hin dann durchaus als Aushängeschild für die vermeintliche Stärke des Systems selbst. In der DDR hatte man durchaus auch das Bestreben, Musik für alle Schichten zugänglich zu machen. Auch für Bauern und Arbeiter, und eben nicht nur für eine Elite, wie das davor oft der Fall war. Musik wurde gefördert, es herrschte für die Musik so auch eine gewisse Freiheit.
In ‚freieren‘ Systemen – wie wir unseres heute bezeichnen würden – gibt es ein etwas anders gelagertes Problem: damit man in der Musik erfolgreich sein kann, braucht es ein bestimmtes Umfeld, um von ‚den richtigen im Business‘ gefördert zu werden, man braucht Geld, um einen guten Unterricht zu erhalten usw. Insofern ist die Musik heutzutage gerade in einer größeren Unfreiheit als in vorherigen Systemen, weil sie heute so stark finanziell vom Willen der Geldgeber abhängig ist. Es sind Beziehungen nötig, um Karriere zu machen.“

Was bräuchte die Musik in der Zukunft?

Die Menschen, die sich professionell musisch betätigen wollen, brauchen finanzielle Freiheiten! Vielleicht ist das über Bildungsgutscheine möglich. Es ist eine frühe Förderung des Musizierens notwendig, das wird oft abgetan. Wenn man ein Musikinstrument erlernen will braucht es außerdem gute Lehrer.

Jetzt sind wir schon bei der Bildung angelangt. Würdest du sagen, dass Musik eine pädagogische Wirkung hat? Oder ist sie als Schulfach schlicht ein Ausgleich zu den anderen intellektuellen Fächern?

Das wird vielfach so gesehen an Staatsschulen, dass Musik gar als überflüssig angesehen wird. Der pädagogische Wert wird unterschätzt. Was alleine auf körperlicher Ebene passiert, zeigen Studien: Wenn du einen Alzheimerpatienten musizieren lässt, dann hast du deutliche gesundheitliche Verbesserungen. Die Zellenneubildung wird durch tätiges Musizieren angeregt, die Betonung liegt auf tätig!

Was erlebst du mit den Schülern?

„Es gibt Schüler, die ich erlebt habe, die aufgeblüht sind, ein besseres Selbstwertgefühl bekommen haben. Also derjenige, der musiziert, vor allem derjenige, der singt, entwickelt – vor allem, weil der Körper das Instrument ist – ein besseres Körpergefühl.
Also um gut musizieren zu können, braucht es ein inneres Wahrnehmen, eine gute seelische Balance, eine gute Lebenshygiene. Damit all das ermöglicht werden kann, braucht es eigentlich Einzelunterricht.
Ernsthaft Musik zu machen ist für viele Menschen eine Therapie und kann ein Grund für das ernsthafte Musik machen sein. Ich selbst habe damit eigene Erfahrungen gemacht, indem ich mich über das eigene Musik machen von einem eher schüchternen und introvertierten jungen Menschen in das Gegenteil verwandelt habe.
Musik hilft einem, eine Wachheit nach innen, für das Innere zu bekommen, mittig zu werden. Und sie hilft einem sich zu öffnen, weit zu werden.“

Denkst du, dass also Musik auch gezielt förderlich ist, was die Gesundung bei zum Beispiel Depressionen angeht?

Der Sänger ist ein strahlender Mensch. Singen ‚hellt den Menschen auf‘. Musik erleichtert es dem Menschen auch, in seine eigenen Abgründe zu schauen. Dies hat eben damit zu tun, dass Musik einen Zugang zur Seele bietet. So wird man durch Musik seelisch ‚mehrdimensionaler‘ und damit auch ausbalancierter, man bekommt einen größeren Erfahrungsschatz. Und man baut beim Singen sein Instrument als Mensch selbst. Und am Ende stellt sich eine bestimmte Form des Glücksgefühls ein. Musik ist insgesamt gesundend!

Herzlichen Dank für das Interview!

> Das Interview mit Rüdiger Lasa führten Gottfried Ribitsch und Martin Bartetzko.